Allgemein Erklärung:

So neu ist Amazon Go gar nicht mehr, schließlich wurde der erste Amazon Go Store vor drei Jahren in Seattle in Betrieb genommen (GeekWire, 05.12.2016)! Ein Amazon Go Store gilt als moderne und zukunftsgewandte Einkaufserfahrung, die gänzlich ohne Kassen gestaltet ist und mit bargeldlosen Einkaufen verbunden wird (YouTube, Silicon Valley Girl, 04.05.2018). Über die Erfassung aller Bewegungen mittels einer großen Anzahl von Sensoren, werden die Waren, die eingekauft werden, abgerechnet. Amazon zählt drei technologische Ansätze auf, die im Store zu diesem Kauferlebnis führen: Computer Vision, Sensor Fusion und Deep Learning.

Die Identifizierung des*der Kunden*in erfolgt über eine QR-Code, der mit dem Eintritt in den Store gescannt wird. Beim Verlassen des Stores wird eine Check-Out Schranke durchquert, mit der die Rechnung erstellt wird. Die Abrechnung erfolgt daraufhin über den eigenen Amazon-Account.

Bei der Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Zusammenspiel von Technik und Mensch und deren  Zusammenwirken werden immer wieder zwei Pole aufgemacht: Auf der einen Seite wird insbesonders von pessimistisch (entfremdungstheoretisch) veranlagten Kritikern argumentiert, dass die Technikanwendungen und deren Möglichkeiten im Vordergrund stehen. Dem Gegenüber stehen die Technikenthusiasten, die damit argumentieren, dass die Technik im Hintergrund unbemerkbar den Menschen unterstützen soll und um dieses Ziel zu erreichen bedarf es Experimente.

Auch Amazon Go argumentiert damit, dass die Kunden stärker in den Fokus rücken, in den Bereichen Service und Bequemlichkeit, aber auch der Bewegungsmuster.

Shopping at Amazon Go in San Francisco by CNET (24.10.2018)

Erste Erfahrung:

Ich wollte es endlich auch mal ausprobieren und da in San Francisco an der Market Street ein Amazon Go Store eröffnet hat, gab es auch für mich kein Halten mehr.

Meine Frage bei unserem Besuch von Amazon Go war dann allerdings, als wir vor dem Store standen: „Muss ich draußen warten?“ Schließlich hatte ich die App nicht auf meinem Handy installiert und aus diesem Grunde auch nicht den QR Code zur Hand, über den man sich beim Eintritt identifiziert. Aber dem war nicht so, die App auf dem Smartphone meines Mannes würde zweimal gescannt, so erklärte uns der Mitarbeiter. Somit kauften wir beide auf den Namen meines Mannes im Store ein. Bis zu zwei Gäste können auf diese Weise in einen Amazon Go Store mit hineingenommen werden, allerdings läuft die Rechnung bei einer Person auf.

Der Amazon Store war sehr viel kleiner, als ich gedacht hatte. In etlichen Blog- und Zeitungsartikeln wird der Store als Convenience Store bezeichnet, in dem vorgefertigte Lebensmittel für den schnellen Bedarf erworben werden können. Die Zielgruppe sind die Büroangestellten (Start Ups) in der näheren Umgebung: 

Meal-Kit, Chermoula roasted Cauliflower with Pearl Couscous and Cilantro Yogurt Sauce for 15,99$ at Amazon Go San Francisco, 20019
  • Produkte, die als kurzer Snack im Büroalltag dienen (geschnittenes Obst und Gemüse, als auch Backwaren, Sandwiches, Kaffee, Tee, Getränke für den Tag, Salat, Sushi, Chips, etc..)
  • Produkte, die nach dem Feierabend gekauft werden, wie diese kleinen Boxen, in denen alle Zutaten passgenau mit entsprechendem Rezept für ein abendliches Familienessen oder für ein Essen zu Zweit gekauft werden können. Mit 16$ empfinde ich diese sogar gegenüber anderen Produkten in diesem Store  als preislich OK. Mit so einer Box ist das Kochen zu Hause immer noch wesentlich preiswerter, als Abends Essen zu gehen. Die Box kostet vielleicht die Hälfte bis ein Drittel davon? (Meal-Kits)

Auswirkung der Digitalisierung:

Die Einkauferfahrung ist für mich eine andere, als im herkömmlichen Supermarkt. Warum?

Blick in die Regale mit den darüber hängenden Sensoren, Amazon Go San Francisco, 20019
  • Es existieren keine Warteschlangen. Ich fühle mich jederzeit im Fluss und habe nicht das Gefühl, dass mir Zeit durch fremdgesteuertes Warten gestohlen wird.
  • Ich kann mit dem Smartphone einem ganz gewöhnlichen Alltagsgegenstand bezahlen. Oft fühle ich mich unwohl, wenn ich an der Kasse mein Bargeld zusammen suchen oder die PIN eingeben muss, da ich die wartenden Leute hinter mir geradezu im Nacken spüren kann. Auch der Umstand, dass ich aus meiner Tasche mein Portmonee heraus kramen, öffnen und wieder verstauen muss, ist in Situationen, in denen es schnell gehen soll, unbehaglich für mich. Wie oft wurde ich schon im Moment des Öffnens des Portmonees von Bettlern angesprochen; zu oft. Meiner Schwiegermutter wurde das Portmonee zielgenau aus ihrer Tasche gestohlen, weil sie während des Bezahlvorgangs beobachtet wurde.

Den Mitarbeiter, den ich in dem Amazon Go Store erlebte, war sehr viel entspannter, als die Kassierer*innen und Einräumer*innen, die ich sonst so in Supermärkten erlebe. Es befand sich kein Stress und keine Hektik in seiner Stimme, um alle meine Fragen in Ruhe zu beantworten.

Im Artikel „Amazon Go braucht mehr Mitarbeiter als ein normaler Supermarkt“ von t3n (erschienen am 26.01.2018) wird aufgegriffen, an welchen Stellen Amazon Go Mitarbeiter*innen benötigt. In der Darstellung wird deutlich, dass die Automatisierung bisherige Stellen verändert, bzw. einige Aufgaben abschafft, dafür neue Aufgaben schafft. Die Stellenprofile verändern sich. Die Tätigkeit der Kassenarbeit wird obsolet, dazu kommt jedoch die Tätigkeit der Beratung bzw. Begleitung der Kunden. Des Weiteren werden in dem Artikel Tätigkeiten beschrieben, wie Essenszubereitung, die die Frische der Produkte im Store garantieren, die Tätigkeit der Warenauffüllung, Tätigkeit der technologischen Wartung und Entwicklung im Backoffice.

Wegfallende Tätigkeiten werden durch Tätigkeiten ersetzt, die den Kunden einen Mehrwert bei Produkt, Beratung und Service bieten.

Kooperation mit Whole Foods:

Auch wenn sich Amazon Go mit der Eröffnung der zweiten Filiale viel Zeit gelassen hat, so wurde die Kooperation mit Whole Foods, vorangetrieben (bzw. die Übernahme). Amazon Go bietet den eigenen Kunden auf diese Weise eine weitere reibungslose Einkaufsmöglichkeit an und das ohne eigene Lokale aufzumachen und zu unterhalten.

Mit 13,7 Milliarden Dollar hat Amazon die Marke Whole Foods im Juni 2017 übernommen. Im Februar 2018 begann Amazon, diese Investition zu nutzen, indem es ankündigte, dass es innerhalb von zwei Stunden mit der Lieferung von Lebensmitteln in ausgewählten Städten beginnen würde. Zu den lieferbaren Artikeln gehören Frischwaren und andere verderbliche Waren wie Fleisch und Milchprodukte.

Durch das Prime Now-Programm ist jede zweistündige Lieferung bei einer Mindestbestellmenge von 35 US-Dollar kostenlos, und eine einstündige Lieferung kostet zusätzliche 7,99 US-Dollar. Der Service ist täglich zwischen 8 und 22 Uhr verfügbar (gelesen auf The Verge, 24.07.2018).

Blick nach China:

In China setzt sich das Einkaufen ohne Kassen ebenso weiter durch. Wahrscheinlich war China sogar vor den USA auf diesem Gebiet unterwegs, so jedenfalls beschreibt es Torsten Mumme (26.01.2018) in „AmazonGo soll die Zukunft sein? Darüber kann China nur lachen„. Alibaba eröffnete im Juli 2017 Tao Café-Shop in dem Kunden über QR-Codes bezahlen.

In der Bingobox müssen die Kunden ihre Ware zwar noch an einer Art Kassenautomaten einscannen, jedoch wird die Ware nicht mehr vor einem Scancode gehalten, sondern die Ware wird in einer Waage automatisch scannt. Da die  Bingobox mobil ist, kann diese jederzeit zu anderen Standorten transportiert werden. In China sollen etwa 200 solcher Container existieren.

2 Kommentare zu „Amazon Go – Steht der Mensch trotz aller Technik im Mittelpunkt?

Hinterlasse einen Kommentar